Von Pong bis Diablo
Die Entwicklung der Computerspiele
Damit fing alles an: Zwei vertikale Balken am linken und rechten Rand des Fernsehschirms und ein quadratischer Ball, der hin und her flog, stellten eine sehr vereinfachte Version des Tischtennis dar. "Pong" war das erste Videospiel für das heimische Wohnzimmer.Gesteuert wurden die Balken über jeweils einen Schiebe- oder Drehpotentiometer rauf und runter. Das Ziel war es, den Ball nicht über den eigenen Bildschrmrand hinausfliegen zu lassen, sondern ihn dem Gegner zurückzuschleudern.
Dieses Spiel fesselte trotz des simplen Ablaufes viele Menschen Stunden vor dem Bildschirm. Doch irgendwann mußte Abwechslung her. Die erste Generation der Videospielkonsolen eroberte die Wohnzimmer mit auswechselbaren Spielkassetten, Ansätzen von Farbgrafik und damit komplexeren und variierenden Spielabläufen. Dies war vor allem die Zeit der Atari VCS 2600, einer Konsole, für die mit der Zeit immer neue Spiele entstanden, die den Spieler immerhin menschliche Figuren, Tiere und Gespenster auf dem Bildschirm erahnen ließ. Ein Spiel das für diesen Stand der Entwicklung repräsentativ ist, ist "PacMan". Eine gelbe Kugel mit Augen und Mund bewegt sich durch ein Labyrinth und frißt weisse Pillen. Dabei wird "PacMan" von Gespenstern gejagt, gegen die er sich jedoch nach Einnahme einer bestimmten Pille wehren kann, indem er sie auffrißt. Der Erfolg dieses Spiels war so groß, daß die Fortsetzungen "Mrs. PacMan" und "PacMan Jr." nicht lange auf sich warten ließen.
Ein weiteres Spiel, das auf der Atari-Konsole für Aufsehen sorgte, war "Pitfall". In diesem recht bunten Spiel steuert der Spieler einen Abenteurer durch eine grafisch erstaunlich realistische Landschaft. Die Spielfigur kann springen, schwimmen oder an Lianen über den Bildschirm schwingen. Dabei stellen sich ihm Schlangen, Zitteraale und anderes Getier in den Weg, um die Suche nach Schätzen zu erschweren. Neu war auch, daß sich das Spiel über viele verschieden gestaltete Bildschirme erstreckte. "Pitfall" stellte als erstes Jump'n'Run-Spiel im eigentlichen Sinne einen bedeutenden Schritt von relativ abstrakten Spielabläufen zu realen Szenerien dar, die vorher nicht auf dem Bildschirm sondern im Geist des Spielers entstanden.
Doch Pitfall sollte auch die letzte Spieleinnovation sein, die auf der Atari VCS 2600 stattfinden sollte. Nach dem Apple II drängte der C64 gefolgt von anderen Homecomputern in die Kinder- und Jugendzimmer. Dieser bot mit seinem wesentlich größeren Grafik- und Soundpotential und 64KByte RAM ganz neue Möglichkeiten für die Spieleentwickler. Spielfiguren waren nicht mehr auf eine Farbe beschränkt, fließende Übergänge zwischen verschiedenen Szenen (Scrolling) und wesentlich komplexere Spielabläufe wurden möglich. Auf dieser Plattform konnten sich nun erstmals verschiedene Spielegenres entwickeln. Neben den klassischen Actionspielen entstanden Adventures, Rollenspiele, Sportspiele, Simulationen und Strategiespiele, deren Entwicklung hier jeweils einzeln betrachtet werden soll.
Im Bereich der Adventures fand eine besonders klare Entwicklung statt. Am Anfang waren es reine Textadventures, die den Spieler jedoch oft durch ihre liebevolle, detailreiche Beschreibung der Handlung tief in eine fremde Welt zogen. Genau wie die Darstellung der Handlung fand auch die Steuerung rein textuell statt. Der Spieler steuerte zunächst meist mit Hilfe von einfachen Prädikat-Objekt-Halbsätzen durch die Spielwelt. Im Laufe der Zeit wurden jedoch immer anspruchsvollere Programme entwickelt, die auch die Bedeutung komplizierterer Sätze entschlüsseln und umsetzen konnten - sogenannte Parser. Detailierte Textbeschreibungen und ein guter Parser sind die zentralen Punkte, die den Immersionsgrad, d.h. die Intensität, mit der der Spieler in die Spielwelt eintaucht, bei Textadventures bestimmen, da sie die gesamte Schnittstelle darstellen. Spiele dieser Art fanden also eher im Kopf des Spielers statt als auf dem Bildschirm. Besonders die Firma Infocom begeisterte immer wieder mit besonders dicht geschilderten Abenteuern mit leistungsfähigen Parsern, die den Spieler seine reale Umwelt oft für Tage vergessen ließen. Eines der beliebtesten Abenteuerspiele dieser Firma war "The Hitchhikers Guide To The Galaxy" nach dem Roman von Douglas Adams.
Mit der Zeit begannen die Entwickler damit, die Texte durch Grafiken zu ergänzen. In den ersten Grafikadventures waren es statische Bilder, so daß der Schwerpunkt weiterhin auf dem Text lag. Durch die Steigerung der Grafikqualität und der Nutzung von Animationstechniken verlagerte sich der Schwerpunkt jedoch immer mehr in Richtung Grafik.So mußte der Spieler nicht mehr hunderte von Zeilen Bildschirmtext lesen, sondern konnte die Szenerie auf einen Blick erfassen. Nur Details, die sich mit den einfachen grafischen Möglichkeiten der damaligen Zeit nicht darstellen ließen mußten in Text verpackt werden. Die Navigation fand jedoch weiterhin über Texteingaben statt. Es gab jedoch zum Teil auch Möglichkeiten, die Handlungsmöglichkeiten mit dem Joystick aus Listen auszuwählen, aber mittels des Joystickcursors Gegenstände direkt in den Bildern auszuwählen, was dem Spieler die mühevolle Herumprobiererei mit Texteingaben ersparte, die der Parser oft nicht verstand. Eines der ersten Grafikadventures war "The Hobbit" nach dem Roman von J.R.R.Tolkien. Eine Weiterentwicklung der Grafikadventures führte zum Genre des Actionadventures, doch auch noch heute werden noch textlastige Grafikadventures entwickelt und gespielt, da durch Texteingaben weit mehr Handlungen beschrieben werden können, als durch Mausklicks.
Bei den Actionadventures tritt der Text noch weiter in den Hintergrund. Die Handlung wird vollständig grafisch dargestellt. Die Figuren werden mit Joystick oder Maus gesteuert und ihre Handlungen und deren Konsequenzen sind direkt auf dem Bildschirm sichtbar. Ein besonders wichtiges Spiel für die Entwicklung dieses Genres ist "Maniac Mansion" von Lucas Film Games. Bei diesem Programm werden die Handlungen zwar noch aus Textbausteinen zusammengebaut, doch sind diese einfach aus Listen auszuwählen. Eine Beschreibung der Geschichte durch Text findet nicht statt, sie wurde komplett grafisch umgesetzt. Eine weitere Besonderheit stellt die Tatsache dar, daß der Spieler gleich mehrere Figuren steuert, zwischen denen er umschalten kann und die zusammenarbeiten müssen, um ans Ziel zu kommen.
Im Gegensatz zu den story-betonten Adventures steht bei Rollenspielen der Charakter der Spielfigur und dessen Entwicklung im Vordergrund. Die körperlichen und Charaktereigenschaften einer Spielfigur werden am Anfang des Spiels ermittelt, können sich jedoch während des Verlaufs zum Guten wie zum Schlechten ändern, je nachdem wie der Spieler die Figur einsetzt. Hierdurch entstehen tiefere Identifikationsmöglichkeiten für den Spieler, die die Faszination dieses Genres ausmachen. Eher im Hintergrund stehen meist komplizierte Geschichten oder Rätsel. Der Spieler ist sehr viel schwächer an die Story gebunden, sondern kann sich relativ frei in der Spielwelt bewegen. Oft steuert der Spieler nicht nur eine Figur sondern eine ganze Gruppe, deren unterschiedliche Mitglieder er in verschiedenen Situationen unterschiedlich einsetzen muss. Die beiden ersten Rollenspiele waren "Ultima" und "The Bard's Tale", von denen letzteres durch relativ aufwendige Grafiken und ein sehr komplexes Regelsystem für Magie und Kampf bestach. Von beiden gab es zahlreiche Fortsezungen.
Die Simulationen sahen zu Zeiten des C64 noch sehr schlicht aus. Der Flugsimulator "Jet" hatte an Grafik kaum mehr als einen Horizont zu bieten und bei der U-Boot-Simulation "Silent Service" waren zu großen Teilen der Spielzeit nur Instrumente zu sehen. Aber dies ist genau das, worauf es bei Simulatoren ankommt. Die Steuerung und das Verhalten des jeweiligen Fahrzeugs sollen so exakt wie möglich nachgebildet werden. Der Ansporn des Spielers liegt darin, ein kompliziertes Gefährt handhaben zu können, daß ihm im wirklichen Leben nicht zugänglich wäre.
Bei den Strategiespielen dominieren seit jeher Kriegs- bzw. Konfliktsimulationsspiele und Wirtschaftsimulationen den Markt. "Hanse" und "Kaiser" waren die ersten erfolgreichen Spiele dieser Art. Beide verbanden wirtschaftliche und kriegerische Aspekte. Gespielt wurden Strategiespiele zunächst rundenweise, nach einem festen Ablaufplan und mit relativ wenigen Einflußmöglichkeiten des Spielers. Später wurden die Zusammenhänge immer komplexer und die gesteigerte Rechenkapazität der 16-Bit Homecomputer, wie z.B. Commodore Amiga oder Atari ST, ermöglichte bald Echtzeitstrategiespiele wie "Populous" oder "Dune II" ,bei denen der Spielablauf weniger festgelegt war. Eine besondere Rolle in der Entwicklung der Strategiespiele hatte "Elite" als eine Kombination aus Wirtschaftssimulation und Flugsimulator. Das Spiel beschäftigt sich mit interplanetarem Handel in ferner Zukunft. Es gibt dem Spieler viele Freiheiten, wie z. B. zu entscheiden, ob er sich als Großhändler, Schmuggler, Kopfgeldjäger oder lieber als Pirat sein tägliches Brot verdienen will. Dieser offene Spielablauf hat Elite zu einem Klassiker gemacht und diente vielen Entwicklern als Anregung Genregrenzen zu überschreiten.
Bei den Sportspielen kann man zwischen sportlich orientierten Geschicklichkeitsspielen und klassischen Sportspielen unterscheiden. Zu ersteren gehört z.B. das Karatespiel "The Way Of The Exploding Fist" bei dem gezielte Tritte, Schläge und Sprünge, die durch bestimmte Joystickbewegungen ausgelöst werden, im sportlichen Kampf gegen den Computer oder einen menschlichen Gegner eingesetzt werden müssen. Als klassisches Sportspiel hingegen würde man z.B."Wintergames" von Epic bezeichnen. Bei dieser Art Spiel muss ein Sportler durch rythmische Joystickbewegungen zum Laufen, Schwimmen oder Springen gebracht werden, was zum Teil noch mit Geschicklichkeitselementen verknüpft ist. Viele Sportspiele, wie z.B. "PitStop II" oder die oben schon angesprochenen Karatespiele boten die Möglichkeit mit zwei menschlichen Spielern gegeneinander anzutreten. Dies war dabei mit einem Rechner und Bildschirm möglich, indem z.B. der Bildschirm aufgeteilt wurde. Alle Homecomputer sahen zu diesem Zweck standardmäßig zwei Joystickanschlüsse vor.
Die Einführung der CD-ROM hatte einen grossen Einfluß auf die Computerspiele. Man konnte dank der hohen Speicherkapazität die Grafik immer aufwendiger gestalten. Außerdem ermöglichte das Medium Sprachausgabe und bessere musikalische Begeleitung. "Rebel Assault" war das erste Computerspiel, daß die Möglichkeiten der CD-ROM ausnutzte. Der Spieler flog z.B. durch vorherberechnete Landschaften, die als Film gespeichert wurden. Dadurch wurde die Grafik sehr eindrucksvoll, das Gameplay litt jedoch unter den stark eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten. Dennoch waren viele Käufer beeindruckt von den neuen Möglichkeiten, die deutlich sichtbar waren. Andere Spiele erschienen in Disketten- und CD-ROM-Versionen, wobei letztere außer zusätzlicher Sprachausgabe oder einiger Virdeozwischensequenzen meistens keine Erweiterungen des Spiels boten. Eine Anwendung, die maßiven Gebrauch von den neuen Möglichkeiten der CD-ROM machte, waren die sogennannten Interactive Movies, bei denen der Spieler sich durch digitale Videosequenzen klickte, um eine Handlung zu verfolgen, auf die er bis auf das Lösen von Logikrätseln meist wenig Einfluß hatte. Begonnen hat diese Entwicklung mit "The 7th Guest" um mit "Phantasmagoria", das auf sieben CDs geliefert wurde, seinen Höhepunkt zu erleben. Höhepunkte gab es jedoch nicht in Sachen Gameplay, sondern lediglich bei der Speicherkapazität, die für Grafik und Sound genutzt wurde.
Mit der Verbreitung der 32-Bit-Technologie im PC-Bereich stand dem Privatanwender Rechenkapazität zur Verfügung, die zur Darstellung von 3D-Szenerien ausreichte. Bisher hatten sich 3D-Spiele auf sehr einfach wirkende Polygongrafik beschränkt. Nun standen mit Texturemapping und komplexeren Beleuchtungsmodellen Möglichkeiten offen, Räume dreidimensional und realistisch darzustellen und sich in ihnen zu bewegen. Dies waren die Grundvoraussetzungen, die es möglich machten, daß id-software "Doom" entwickelten, daß für einige Zeit die Spieleszene in Bewegung versetzen sollte.
Die zweite große Entwicklung bei den PC-Spielen liegt in der Nutzung von Netzwerkfunktionalität,um echte Multiplayerspiele zu ermöglichen. Wo früher bei "Pit Stop II"oder "Trailblazer" der Fernsehschirm oder Monitor brüderlich geteilt wurde, hat heute jeder Spieler einen eigenen Rechner, also eigenen Sound und eigene Grafik in "fullscreen". Die beteiligten Rechner tauschen nur die Informationen aus, die zur Synchronisation der Szenerien auf den verschiedenen Rechnern nötig sind.
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