Stand 17.9.98
    Inhalt
    English version

    1.Einleitung

    2. Begriffsdefinition und historische Entwicklung des Kunstverständnisses

    3. Computerkunst

    4. Kunst im/mit dem Internet

    5. Wer macht Kunst im Netz

    6. Motivation der Veröffentlichung


     Wie sieht Kunst im Netz aus? Links.


    Drehbuch


    Seiten zu unseren urspünglichen Themen:

    • Alte Version zum Thema Kommunikation, Beziehungen im Internet
    • Vorschlag zum filmischen Gesamtkonzept

    •  


    1. Einleitung

    Was ist eigentlich Kunst? Muß man zum Künstler geboren sein, ein Genie sein oder kann das jeder, indem man, zum Beispiel einfach eine stinkende Socke an die Wand nagelt? Was ist Computerkunst? Was ist möglich mit Computerkunst?
    Fliegen wir bald mit Warp 8 durch den Cyperhyperspace von einer virtuellen Stadt in die andere? Und sind mittels Ganzkörperdatenanzug bei jeder Cyberperformance, gleichsam wie in einem Holodeck mit allen Sinnen interaktiv Zuschauer, Zeuge und Co-Regisseur eines die Grenzen aller menschlichen Erfahrung sprengenden Kunstspektakels (und das ganz ohne ansteckende Krankheiten)?
    Oder doch nur mit dem Trecker über die Grüne-Planstraßen des globalen Dorfes, das heißt ewig langes Warten auf jedes Bildchen?
    Oder wie oder was?
     

    2. Begriffsdefinition und historische Entwicklung des Kunstverständnisses

    Aber fangen wir ganz von vorne mit der ersten Frage an:
    Was ist eigentlich Kunst?
    Der Begriff Kunst hat  wie viele Begriffe, gerade zu Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche oder bei neuen technologischen Voraussetzungen (den sogenannten "defining technologies"), eine ständige Wandlung der Bedeutung erfahren (und erfährt sie immer noch). Ursprünglich kam der Begriff Kunst von "Können", das heißt Kunst war definiert als eine von Gottes Gnaden (!) erlangte Beherrschung einer Fertigkeit. So hatte jedes Fach seine Kunst: es gab die Zimmermannskunst, Kriegskunst, Heilkunst, Rechenkunst, Dichtkunst, Liebeskunst, etc.
    Der Künstler von damals war ein Auftragsarbeiter, wie heutzutage zum Beispiel ein Designer: er bekam den Auftrag dies oder jenes zu schaffen und gab dies nach Fertigstellung ab. Mit Ende der Scholastik oder mit Beginn der Renaissance mit dem Humanismus, also mit dem Auftreten von weltlich-mythologischen und geschichtlichen Themen neben den religiösen in der Kunst erfuhr der Begriff der Kunst eine Verengung: unter Kunst verstand man immer mehr die "schönen Künste", die bildende und die darstellende Kunst. Ein Grund hierfür liegt in einer gewissen Verweltlichung oder Politisierung der Kunst, die immer weniger im Dienste Gottes, als im Dienst des persönlichen Geltungsdranges ausgeübt wird. Die säkuläre Prunksucht hat auch beim Klerus Einzug gehalten - "Repräsentation bedeutet Reputation. Kunst ist nicht mehr (handwerkliches) Können allein, sondern die vielschichtige Gestaltung einer prunkvollen Umgebung, ein politischer Legitimationsanspruch, welche Kunst in ein neuartiges Medium zu verwandeln beginnt. Herrschergunst und Hohe Kunst gehören fortan zusammen. Künstler werden an den Hof geholt, dort aus Etikettgründen geadelt, und einer oft weitreichenden Belehrung über das "PR-Mittel" Kunst (Motivgeschichte, Symbolik, Assoziation) unterzogen. Es gibt nun den Zunftkünstler der Städte (den Handwerker) und den geadelten Hofkünstler der Mächtigen." ( Salome Schmid Isler, Publications list )
    Durch Imanuel Kant erhielt die Kunst eine neue Dimension: die ästhetische. Die Betrachtung des Gegenstandes ohne alles Interesse außer gegenüber dem Gegenstand selbst (Vernunftsaspekt) und des ihm vorhandenem Schönem als solchem (Erkenntnisaspekt) läßt in der Übereinstimmung beider die ästetische Erfahrung entstehen, die im Subjekt Lustgefühle oder Unlustgefühle weckt (ästhetisches Urteil). Höchster Zweck der Kunst sei Schön-Sein, allerdings gäbe es "keine objektiven Geschmacksregeln, welche durch Begriffe bestimmt, was schön ist" (Kant).
    Damit war der Weg geebnet für ein subjektives Kunstverständnis, für die Kunst um der Kunst willen ("l`art pour l`art" ab dem 19. Jhdt.).
    Die Vorstellung von einem allgemein gültigen Kunstbegriff, für alle Zeiten und Werke anwendbar, ist heute überholt. Die Einschätzung von Kunst hängt von den Maßstäben einer Epoche und in Zeiten pluralistischer Denkweisen verstärkt von der individuellen Sicht ab. Wir, die Autoren dieser Web-Seite, sehen Kunst als einen "schöpferischen Akt", dem eine kreative Idee vorausgeht.

    3. Computerkunst

    Computerkunst ist banal gesagt die Kunst, die mit dem Computer gemacht wird.
    Der Begriff Computerkunst läßt sich in zwei Kategorien unterteilen:
    Die sogenannte Hardwarekunst und die Softwarekunst.
    Die Hardwarekunst ist das Schaffen von Kunstwerken mit Computerbestandteilen,wie z.B. Platinen, als Baumaterial.
    Wenn man von Computerkunst redet, meint man meistens Softwarekunst. Zu Softwarekunst zählt man Computeranimationen, -musik, -grafiken.

    4. Kunst im/mit dem Internet

    Als wir angefangen haben uns mit diesem Thema zu beschäftigen , haben wir gehofft, daß wir viel Kunst mit dem Internet finden. Womit wir sowohl Kunst meinten, deren Gegenstand das Netz ist als auch Kunst, die netzspezifisch ist und somit auch nur dort existieren kann. Wenn wir auch nicht erwarteten mit Ganzkörperdatenanzug von einer Cyberkunstorgie zur anderen zu surfen, so dachten wir doch zumindest einige Performances, wirklich interaktive Mitmachkunst und vielleicht Sachen, die so neu und originell sind, daß wir uns nicht vorstellten, wie sie ausehen könnten, zu finden:
    Bietet doch das Internet mit seinen "Werkzeugen", seiner Infrastruktur und seinen "Baustoffen" eine Fülle von Möglichkeiten, aber, was wir gefunden haben ist fast ausnahmlos Kunst im Internet. Kunst, die man ausdrucken, auf einem Videorekorder ansehen oder Kunst die man life erleben kann.

    5. Wer macht Kunst im Netz?
     
    Alles im Netz ist Kunst.
     
    Wie in den vorhergehenden Abschnitten zu lesen war, hat Kunst mit Können zu tun. Man muß zuerst eine Idee haben. Das ist der erste künstlerische Akt. Dann muß man die Fähigkeit besitzen seine Idee umzusetzen.
    Bei dieser Definition wäre jede bewußt ausgeführte Arbeit Kunst, was sicher Widerspruch bei Ihnen regt. Nach einer engeren Definition, der wir uns schon allein aus Platz- und Zeitgründen unterwerfen müssen, muß Kunst graphisch ansprechend oder zumindest kreativ und ausgefallen sein.
    Es sind ziemlich viele künstlerisch kreative Ansätze im Netz vorhanden.
    Gut designte Seiten sind jedoch nicht so häufig und Seiten, die über VbB (Viele bunte Bilder) oder „Weiterklick-Kunst“ (eine Seite, ein Link, die nächste Seite) hinausgingen haben wir nicht gefunden. Animationen gibt es zwar auch, aber sie sind aufgrund der Übertragungsrate eher simpel gehalten. Wären sie aufwendiger würde sie sich sicherlich niemand ansehen, da man Ewigkeiten warten müßte, bis das sich überhaupt etwas rührt.
    Wir wollen uns jedoch mit den Professionellen oder Semiprofessionellen beschäftigen.

    Wer nutzt das Netz hauptsächlich um sich kreativ auszudrücken?

    Computergenerierte Kunst gibt es seit 30 Jahren. Wenn man das mit den althergebrachten Kunsttechniken und selbst mit dem Druck (oder Fotografie und Film) vergleicht, ist das ziemlich kurz. Beispielsweise sind die jetztigen Kunst- oder anderen Seiten vergleichbar mit einem alten Science Fiction Film, in dem schon längst veraltete Spezialeffekte genutzt werden.
    Die Kunst muß ein Medium erst erschließen, austesten, wozu es in der Lage ist, wie man es gebraucht und erweitert.
    Die Künstler sind jetzt so wie in den Anfängen der Kunst auch gleichzeitig Techniker. Es findet eine Wiederaufnahme der uralten Allianz von Kunst und Wissenschaft statt. Wie bei jeder neuen Technologie versucht die Kunst das Medium optimal zu nutzen und ist somit auch an deren Weiterentwicklungen beteiligt.
    Das Netz ist jedoch in seiner öffentlichen Nutzung noch jünger als die computergenerierte Kunst, deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn viele Nutzungen noch nicht ganz ausgereift sind.
    Von den neuen Möglichkeiten profitieren auch Disziplinen wie Produktdesign und Kunst.

    Wegen des vormaligen wissenschaftlichen Zwecks entspricht der größte Teil der Seiten Webdesign. Die Seiten sollten vor allem funktionell sein.
    Unser Anspruch heute ist etwas höher gesteckt. Eine gut designte Seite muß funktionell, graphisch ansprechend, möglichst interaktiv, multimedial und schnell zu laden sein.
    Das Design hat inzwischen auch das Netz als Medium für sich entdeckt, dies mag vielleicht auch der Grund sein, warum viele Netzkünstler aus der bunten Familie der Werber stammen.

    Die Ausstellenden:
    Galerien und Museen (z.B. das Metropolitan Museum ) nutzten die Möglichkeit Werbung für sich zu machen, indem man gleichzeitig lesen und dazu ein Beispielsbild betrachten kann.

    "Metropolitanmuseum New York"

    Inzwischen gibt es aber auch Museen, die ihrengesamten Bestand auf dem Netz ausstellen. Es gibt sogar Galerien, die nur im Netz ausstellen.
    "Galerie 911"

    Außerdem findet man viele Universitätsseiten von Hochschulen der Künste, Film- und Theaterkunstschulen oder ähnlichem.
    Multimediale oder interaktive Seiten findet man aber nur bei den Filmkunstschulen, da der geistige Schritt von Filmkunst zu Netzkunst nicht ganz so weit ist.

    "Uni Potsdam Andrea Zapp Projekt"

    Ansonsten sind die „Ausstellenden“ zumeist Werber ( Artdirektoren, Designer, Illustratoren etc.), die in eigener Sache ihre Animationen oder Graphiken ins Netz legen.

    "Leary"

    Es gibt allerdings auch Musiker und Literaten, die im Netz publizieren. Literaten haben es leicht aufgrund der Textbezogenheit des Netzes. Für Musiker ergeben sich aufgrund der Bandbreite und den Ladezeiten einige Probleme.
    "SCHICK MIR DEIN GIF"

    Abgesehen davon, daß die Digitale Kunst noch etwas versteckt von dem konservativen Kunstpuplikum und den gewohnten Kunstformen ist, ist der Zugang der Künstler verschieden.
    Als Graphiker oder Maler denkt man zumeist statisch. Man stellt ein Bild her.
    Dieses Bild ist Ausgangspunkt für das nächste Bild, welches der Ausgangspunkt für das nächste ist.
    Damit erhalten wir, was wir zuvor als „Weiterklick-Kunst“ bezeichnet haben.
    "My boyfriend came back from war"

    Oder man legt seine real produzierten Bilder oder computergenerierten Bilder auf das Netz. Diese Bilder sind aber auch ausdruckbar und endlos zu vervielfältigen.
    Damit produziert man das, was ich vorher mit VbB gekennzeichnet habe.

    "Station Rose"

    Ein Filmkünstler denkt hingegen zumeist in bewegten Bildern.
    So ist es ein nächster Schritt seine Kurzfilme, Filsequenzen oder Animationen auf das Netz zu legen, die man sich dann entweder herunterziehen oder ansehen kann.
    "Animation in Galerie 911"

    Eine weitere künstlerische Folgerung, die ich auch als eine weiterführende Nutzung des Netzes bezeichnen würde ist das Erstellen von 3-D Welten mit Hilfe der Internet-Skriptsprache VRML. Diese erlauben eine freie Bewegung des Benutzers, sowie ein Weiterleiten auf andere Seiten durch das Anklicken von Objekten.

    "Uni Ryerson"

    Ähnlich verfahren auch Performancekünstler, die auf Life-Acts spezialisiert sind.
    Sie nehmen ihre reale Performance mit einer Netcam auf und speisen die Bilder ins Netz. Diese kann man dann immer wieder aufrufen.
    "Stelarc"

    Trotzdem sind wir der Meinung, daß die existierenden Möglichkeiten des Netzes besser ausgenutzt werden könnten.
    Wenn wir allerdings sagen könnten wie, wären wir sicher Genies. Vielleicht sollte man an eine Verbindung der verschiedenen Herangehensweisen nutzen. Aber vor allem sollte man sicherlich weniger statisch und beschränkt denken, die alten Vorstellungen von Kunst aufgeben und das Netz wirklich nutzen.
    Das Netz sollte Bestandteil, Muse und Leinwand sein. Wir fordern interaktive, netzspezifische Kunst, die außerhalb des Netzes keinen Sinn macht.

    6. Motivation

    Die Motivation auszustellen ist sicherlich zumeist Eigenwerbung. Es gehört teilweise schon zu einem guten Ton in der heutigen Gesellschaft, eine eigene Seite im Netz zu haben. Es macht ja auch Sinn, als Künstler oder Werber eine Seite zu haben, wenn man publik sein will. Zudem macht es sicherlich Spaß die Reaktionen auf eigene Seiten zu sehen oder Feedback zu bekommen.
     
     

    zurück zur Hauptseite

    Jürgen Giersch
    Die Kammer
    Öl auf Leinwand 78 x 55 cm 1990